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Sexualstrafrecht

Summary:
  1. Jede sexuelle Handlung an/vor Kindern unter 14 Jahren ist strafbar.
  2. Sexuelle Handlungen bzw. das Vorschubleisten mit unter 16jährigen ist strafbar (Wegsehen ist nicht erlaubt).
  3. Auch sexuelle Handlungen mit über 16jährigen können strafbar sein.
  4. Deshalb: Hände weg von Teilnehmern und Teilnehmerinnen. Es kann leicht zu "Mißverständnissen" und "Fehlinterpretationen" kommen.

Sexualität ist ein ganz heißes Thema und der Jugendleiter bewegt sich hier in einem Spannungsfeld zwischen grundverschiedenen Ansichten seitens der Eltern, unterschiedlichen Entwicklungsständen und Erfahrungen seitens der Kinder und Jugendlichen und seiner eigenen Sexualität und Vorstellung. Das Sexualstrafrecht (siehe §§172-184f StGB) möchte daher die ungestörte sexuelle Entwicklung der heranwachsenden Kinder und Jugendliche schützen, die für eine freie Selbstbestimmung nötig sind. Unter der sexuellen Selbstbestimmung ist die Freiheit (individuelles Freiheitsrecht als Rechtsgut) zu verstehen, über Ort, Zeit, Form und Partner sexuellen Verhaltens frei entscheiden zu können, ohne dass Dritte hier bestimmend eingreifen und dazwischen funken.

Sexualstrafrecht / Bild Nr. 245071
Sexualstrafrecht | ©: Stephanie Hofschlaeger - pixelio

Die Übernahme der Aufsichtspflicht beinhaltet daher auch die Kinder und Jugendlichen entsprechend dem im Sexualstrafrecht genannten Punkten zu schützen.

Wie bereits zum Thema Aufsichtspflicht verschiedentlich erwähnt macht auch das Sexualstrafrecht Unterschiede in der Bewertung der Erheblichkeit einer Tat abhängig von:

  • jeweilige Situation
  • Alter des Minderjährigen und der sexuellen Vorerfahrung
  • Alter des Täters.

Die Gesetzgebung teilt in vier Schutzaltersstufen ein:

  • Kinder bis 14 Jahren
  • Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren
  • Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren
  • Volljährige ab 18 Jahren.


Kinder bis unter 14 Jahren

  • Jede sexuelle Handlung an Kindern unter 14 Jahren ist strafbar. Dies betrifft sexuelle Handlungen von Jugendlichen oder Erwachsenen mit Kindern unter 14 Jahren.
  • Der Versuch allein ist schon strafbar und es spielt auch keine Rolle, ob es mit Einverständnis des Kindes geschah oder des Erziehungsberechtigten.
  • Das Strafmass richtet sich nach der schwere der Tat. (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe in § 176 StGB und mindestens Freiheitsstrafe in den Fällen von §§ 176a, 176b)
  • Die sexuelle Betätigung (z.B. Doktorspiele) von Kindern unter 14 Jahren untereinander ist nicht strafbar. Für den Gruppenleiter/die Gruppenleiterin läge keine Aufsichtspflichtverletzung vor. Sofern der/die GruppenleiterIn jedoch dies zulassen und sich daraus für eines der Kinder Schäden ergeben würden, kann der/die Gruppenleiterin dafür haftbar gemacht werden.
  • Dreckige Witze oder das Reden über sexuelle Dinge in zotenhafter bzw. unschöner Art und Weise sind keine sexuellen Handlungen. Aber aus pädagogischen Gesichtspunkten sollten diese nicht vom Betreuer unterstützt werden.
§ 176 StGB
Sexueller Missbrauch von Kindern

(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einem Dritten vornimmt oder von einem Dritten an sich vornehmen lässt.

(3) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr zu erkennen.

(4) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer
  1. sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt,
  2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an sich vornimmt,
  3. auf ein Kind durch Schriften (§ 11 Abs. 3) einwirkt, um es zu sexuellen Handlungen zu bringen, die es an oder vor dem Täter oder einem Dritten vornehmen oder von dem Täter oder einem Dritten an sich vornehmen lassen soll, oder
  4. auf ein Kind durch Vorzeigen pornographischer Abbildungen oder Darstellungen, durch Abspielen von Tonträgern pornographischen Inhalts oder durch entsprechende Reden einwirkt.
(5) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach den Absätzen 1 bis 4 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(6) Der Versuch ist strafbar; dies gilt nicht für Taten nach Absatz 4 Nr. 3 und 4 und Absatz 5.

§ 176a StGB
Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern

(1) Der sexuelle Missbrauch von Kindern wird in den Fällen des § 176 Abs. 1 und 2 mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, wenn der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre wegen einer solchen Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist.

(2) Der sexuelle Missbrauch von Kindern wird in den Fällen des § 176 Abs. 1 und 2 mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, wenn
  1. eine Person über achtzehn Jahren mit dem Kind den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an ihm vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind,
  2. die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird oder
  3. der Täter das Kind durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung oder einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung bringt.
(3) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des § 176 Abs. 1 bis 3, 4 Nr. 1 oder Nr. 2 oder des § 176 Abs. 6 als Täter oder anderer Beteiligter in der Absicht handelt, die Tat zum Gegenstand einer pornographischen Schrift (§ 11 Abs. 3) zu machen, die nach § 184b Abs. 1 bis 3 verbreitet werden soll.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer das Kind in den Fällen des § 176 Abs. 1 bis 3 bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(6) In die in Absatz 1 bezeichnete Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die im Ausland abgeurteilt worden ist, steht in den Fällen des Absatzes 1 einer im Inland abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine solche nach § 176 Abs. 1 oder 2 wäre.

§ 176b StGB
Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge

Verursacht der Täter durch den sexuellen Missbrauch (§§ 176 und 176a) wenigstens leichtfertig den Tod des Kindes, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

Jugendliche zwischen 14 und unter 16 Jahren

  • Jugendliche über 14 Jahren bekommen vom Gesetzgeber bereits eine gewisse Eigenverantwortlichkeit zugestanden.
  • Sexuelle Handlungen zwischen Aufsichtspersonen mit Jugendlichen unter 16 Jahren sind strafbar (§ 174 StGB), es wird jedoch ebenfalls das Verhalten des Jugendlichen dabei berücksichtigt, was sich ggf. strafmildernd auswirken kann. (§ 174 StGB Abs.4). Dabei wird unterschieden nach der "Erheblichkeit" der Tat.
  • Das Ausnutzen von Zwangslagen ist ebenfalls strafbar (§ 182 StGB Abs.1)
  • Das Ermöglichen von sexuellen Handlungen mit Jugendlichen unter 16 Jahren ist zu verhindern. Der/die GruppenleiterIn darf also keinen Vorschub leisten, es nicht zulassen, erlauben oder sonst irgendwie Gelegenheiten dafür schaffen. (§ 180 StGB). Klassisch wäre z.B. das Erlauben von gemischtgeschlechtlichen Übernachtungszelten bzw. Zimmern.
  • Z.B.: Ein über 14jähriger Junge/Mädchen, der/die eine unter 14jährige bestimmt, sexuelle Handlungen vorzunehmen, kann in den Bereich strafrechtlicher Verfolgung gelangen. Die Schuldfähigkeit und damit die Strafbarkeit ist bei Kindern unter 14 Jahren ausgeschlossen, aber ab 14 Jahren gegeben.
§ 174 StGB
Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen

(1) Wer sexuelle Handlungen
  1. an einer Person unter sechzehn Jahren, die ihm zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist,
  2. an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut oder im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Erziehungs-, Ausbildungs-, Betreuungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit oder
  3. an seinem noch nicht achtzehn Jahre alten leiblichen oder angenommenen Kind
vornimmt oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3
  1. sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt oder
  2. den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt,
um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 oder des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 1 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn bei Berücksichtigung des Verhaltens des Schutzbefohlenen das Unrecht der Tat gering ist.

§ 180 StGB
Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger

(1) Wer sexuellen Handlungen einer Person unter sechzehn Jahren an oder vor einem Dritten oder sexuellen Handlungen eines Dritten an einer Person unter sechzehn Jahren
  1. durch seine Vermittlung oder
  2. durch Gewähren oder Verschaffen von Gelegenheit
Vorschub leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 Nr. 2 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Vorschubleisten seine Erziehungspflicht gröblich verletzt.

(2) Wer eine Person unter achtzehn Jahren bestimmt, sexuelle Handlungen gegen Entgelt an oder vor einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen, oder wer solchen Handlungen durch seine Vermittlung Vorschub leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Wer eine Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut oder im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Erziehungs-, Ausbildungs-, Betreuungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit bestimmt, sexuelle Handlungen an oder vor einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 ist der Versuch strafbar.

§ 182 StGB
Sexueller Missbrauch von Jugendlichen

(1) Eine Person über achtzehn Jahre, die eine Person unter sechzehn Jahren dadurch missbraucht, dass sie
  1. unter Ausnutzung einer Zwangslage oder gegen Entgelt sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder
  2. diese unter Ausnutzung einer Zwangslage dazu bestimmt, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Eine Person über einundzwanzig Jahre, die eine Person unter sechzehn Jahren dadurch missbraucht, dass sie
  1. sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder
  2. diese dazu bestimmt, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen,
und dabei die fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn bei Berücksichtigung des Verhaltens der Person, gegen die sich die Tat richtet, das Unrecht der Tat gering ist.

Jugendliche zwischen 16 und unter 18 Jahren

  • Es dürfen keine sexuellen Handlungen von Jugendlichen mit unter 16jährigen geduldet werden. Dies ist analog wie zuvor genannt. Zum einen macht sich der Jugendleiter strafbar, weil er es zugelassen hat, zum anderen der Jugendliche über 16 Jahre selbst.
  • Besteht ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen einem Jugendlichen unter 18 Jahren und einem Erwachsenen so sind sexuelle Handlungen strafbar, da hier ein besonderes Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt wird (§ 174 Abs. Ziffer 2 und 3).
  • Ansonsten gibt es keine weitere Regelung. D.h. eine intime Beziehung zwischen einem 16 und 17jährigen Jugendlichen zu Gleichaltrigen, oder zu einem Erwachsenen (z.B. JugendleiterIn) wäre also zulässig, außer wenn ein Abhängigkeitsverhältnis (Machtstellung) unterstellt werden kann und die sexuellen Handlungen unter Zwang (Nötigung) erfolgten. Jedoch sollte sich der/die JugendleiterIn überlegen, ob ein intimes bzw. sexuelles Verhältnis zu einem/einer über 16 jährigen TeilnehmerIn für die Gruppendynamik gut wäre. Ein intimes Verhältnis zwischen Jugendleiter/in und TeilnehmerIn unter 16 Jahren ist auf jeden Fall strafbar.

Volljährige ab 18 Jahren

Diese sind für ihr Tun und die Folgen selbst verantwortlich, was aber nicht heißen soll, dass volljährigen Teilnehmern auf einer Freizeit / in einer Gruppe nun alles erlaubt wäre, was nicht strafbar ist. Die Freizeitordnung und Gruppenordnung sind trotzdem einzuhalten, die ein miteinander zwischen Minderjährigen und Volljährigen gewährleisten.

Begriffserläuterungen

Was sind überhaupt sexuelle Handlungen?
Der Begriff der sexuellen Handlung (früher hieß es einmal "unzüchtige Handlungen") ist definiert in § 184f StGB (vor dem 1.4.2004 §184c).

§ 184f
Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes sind
  1. sexuelle Handlungen
    nur solche, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind,
  2. sexuelle Handlungen vor einem anderen
    nur solche, die vor einem anderen vorgenommen werden, der den Vorgang wahrnimmt.

Sexuelle Handlungen können vor (ohne Körperkontakt zB. Striptease, Selbstbefriedigung), oder an einem Kind/Jugendlichen (mit Körperkontakt zB. Petting, Geschlechtsverkehr) vorgenommen werden. Soweit so klar.

Aber ehrlich gesagt, sind die weiteren Erläuterungen nicht ganz so eindeutig. Was heißt denn nun "von einiger Erheblichkeit" und wo liegt die Schwelle der Erheblichkeit? Sie muss sicherlich eine starke Beziehung zum Geschlechtlichen beinhalten. Dabei ist die obere Schwelle der sexuellen Handlung, die dann von der Nötigung zur Vergewaltigung übergeht noch recht eindeutig zu benennen. Der Beischlaf oder das Eindringen gegen den Willen des Opfers ist stets eine Vergewaltigung (§ 177 StGB generell, §176a in Bezug auf Kinder). Wo liegt jedoch die untere Grenze?

Dies kann nur dahingehend versucht werden zu erahnen, wenn man die bisherige Rechtssprechung betrachtet.

Die Rechtsprechung hat hier bisher als erheblich angesehen (vgl. : Tröndle/Fischer Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 50 Aufl. 2001, § 184c Rdnr. 7)

  • Entblößen und Betasten des Geschlechtsteils oder der weiblichen Brust;
  • Anfassen des nackten Körpers in der Nähe des Geschlechtsteils;
  • heftige sexuelle Zudringlichkeit;
  • Greifen in die Schambehaarung;
  • auch in bekleidetem Zustand vorgenommene beischlafähnliche Bewegungen bei einem Kind;
  • gewaltsamer Zungenkuss;
  • Onanieren;

Als nicht erheblich sind in der Rechtsprechung bisher angesehen worden: (vgl. : Tröndle/Fischer Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 50 Aufl. 2001, § 184c Rdnr. 8) bloße Taktlosigkeiten, Geschmacklosigkeiten und Handlungen, die nicht als sexuell bedeutsam empfunden werden wie

  • übliche Küsse und Umarmungen oder Streicheln des Körpers;
  • ein misslungener Kussversuch;
  • Berühren des nackten Oberschenkels eines Kindes;
  • flüchtiger Griff an die Genitalien einer bekleideten Person;
  • flüchtige Berührung der Brust.


Gilt nun ein Zungenkuss bereits als sexuelle Handlung mit einiger Erheblichkeit?
In verschiedenen Publikationen wird dies einmal bejaht, einmal verneint. Bei der Strafrechtsreform 1998/1999 wurde unter dem Kapitel "Sexueller Missbrauch von Kindern" folgender Fall geschildert: "So macht sich z.B. ein Achtzehnjähriger grundsätzlich durch einen Zungenkuß mit seiner knapp 14jährigen Freundin strafbar, selbst wenn das Mädchen einverstanden ist." Auf diesen Fall stehen immerhin 6 Monate Freiheitsentzug. Allerdings hat sich der Gesetzgeber damals nicht leicht getan und die Meinungen gerade zu diesem Fall gingen wohl auch auseinander.

Es gibt jedoch keine einheitliche Rechtsprechung. Und der eine Richter kann ganz anders entscheiden wie ein anderer Richter auch wenn beide Fälle nahezu identisch sein sollten.

Fazit:

Gerade weil es so schwierig ist die Erheblichkeitsschwelle zu bestimmen und weil die gleiche Tätigkeit in der Rechtssprechung ganz unterschiedlich gewertet werden kann ( die Tätigkeit richtet sich nach der Situation des Falls, nach dem Alter und dem Verhalten des Opfers bzw. des Täters und der sexuellen Vorerfahrung des Minderjährigen), hat der Jugendleiter im Umgang mit "seinen" Kindern alles zu unterlassen, was auch nur im Ansatz den Verdacht eines sexuellen Missbrauchs bzw. Zulassen von sexuellen Handlung aufkommen lassen könnte.

Sehr schnell kann der Jugendleiter vor erheblichen Problemen stehen, die sich schwer aus der Welt schaffen lassen, weil durch enttäuschte Zuneigung, Rache, oder unterschiedlicher Interpretationen, der Jugendleiter selbst in Verdacht geraten kann.

"Bitte Vorsicht also bei übertriebenem "In-den-Arm-nehmen", "Gute-Nacht-Küssen", "Auf-den-Schoß-sitzen", "Streicheln", "Trösten" etc., aber auch bei der Behandlung von Verletzungen an empfindlichen Körperstellen. In den Erzählungen der begeisterten Kinder zu Hause wird in der Euphorie oder auch aus Eifersucht gerne übertrieben. Manch gutgemeintes Verhalten eines Betreuers kann so möglicherweise auch ganz anders interpretiert werden."
( Quelle: "Aufsichtspflicht", Stefan Obermeier, Seminarskript 1999, Seiten 48f)

Anhang:

Noch ein paar allgemeine Fragen und Versuch einer jeweiligen Antwort. Einige Punkte sind sicherlich unterschiedlich zu sehen. Es besteht auch kein Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit.

Dürfen Pornos in der Gruppe angesehen werden?

Nein: Die entsprechenden Hefte oder Filme dürfen nicht überlassen, angesehen, oder zugänglich gemacht werden. Dies ist im § 184 StGB gesetzlich verboten. Allein den Eltern (Personen Berechtigte) bleibt dies vorbehalten. Du musst die entsprechenden Hefte bzw. Filme auf jeden Fall einsammeln. Du kannst mit den entsprechenden Kindern/Jugendlichen ausmachen, ob diese Hefte den Eltern übergeben werden, oder ob es den Kids lieber ist, diese zu vernichten. Manch einem wird dies vielleicht lieber sein. Gehören die Hefte /bzw. Filme jedoch den Eltern, dann dürfen diese natürlich nicht vernichtet werden, sondern müssen den Eltern nach der Freizeit / Gruppenstunde durch Dich zurückgegeben werden. Wurden die Hefte bei einer Altpapiersammlung gefunden, dann können diese von den verantwortlichen Erwachsenen sofort vernichtet werden.

Ist ein Saunabesuch oder Nacktbaden erlaubt?

Es ist nicht verboten, aber es gibt Risiken. Sollte es durch Einzelne dabei zu sexuellen Berührungen kommen, kannst Du als Jugendleiter dafür belangt werden. Grundsätzlich soll das Schamgefühl und die freie Entscheidung hierüber von jedem/jeder respektiert werden. Gerade bei Kindern/Jugendlichen, die sich in der Pubertät befinden ist hier Vorsicht geboten, denn das entblößen und damit preisgeben seiner Nacktheit und Sexualität ist aufgrund der unterschiedlichen und individuellen sexuellen Entwicklung gerade in diesem Alter besonders groß. Und wenn festgestellt wird, dass von Einzelnen die Aktion ausgenutzt wird, oder mit eindeutig sexuellem Hintergrund gesehen wird, dann ist davon abzuraten.
Und auch hier gilt: nicht alles was erlaubt ist, ist auch gut, bzw. muss gut sein. Schließlich gibt es ja noch viele andere Alternativprogramme.

Siehe auch den Artikel Saunabesuch mit Kindern oder Jugendlichen.

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Sind Partyspiele mit Körperkontakt erlaubt?

Diese sind nicht verboten. Aber auch hier gilt, dass bei Spielen mit "erheblichem" Körperkontakt vorsichtig umgegangen werden muss. Nicht alle Kinder und Jugendliche möchten gerne berührt werden. Wenn Du bemerkst, dass einige Kinder / Jugendliche mit dem ein oder anderen Spiel Schwierigkeiten haben, dann brich das Spiel ab.
Beim Spielen gilt generell, dass niemand zu einem Spiel gezwungen werden darf. Bei Spielen mit Körperkontakt (z.B. Partyspiele, einige Spielarten aus den kooperative Abenteuerspielen), sind hier noch größere Überlegungen bei der Auswahl der geeigneten Spiele für die Gruppe erforderlich. Auch hier wird es den ein oder andere Jugendleiter geben, der wahrscheinlich gänzlich auf Spiele verzichtet, die "zu viel" Körperkontakt mit sich bringen, gerade wenn es sich um gemischte Gruppen handelt. Die Erfahrung hat auch gezeigt, dass das ein und dasselbe Spiel in verschiedenen Gruppen ganz unterschiedlich ankommen kann. Es kommt darauf an, wie vertraut eine Gruppe bereits schon mit einander ist und wie die Gruppenzusammensetzung ist.

Darf ich eine Aufklärungsstunde in der Gruppe durchführen?

Eigentlich nein. Die Sexualaufklärung ist in erster Linie den Eltern vorbehalten. Würde jedoch eine ausdrückliche vorherige Zustimmung der Erziehungsberechtigten vorliegen, dann wäre das etwas anderes. Z.B. wird den Eltern mitgeteilt, dass die Gruppe einen Besuch bei Pro Familia plant mit den und den Inhalten, oder dass ein Referent von der Aidsberatung eingeladen wird, können die Eltern entscheiden, ob ihr Kind daran teilnehmen darf oder nicht. Auf Fragen der Kinder/Jugendlichen zu bestimmten Sexualthemen darf der Jugendleiter jedoch altersentsprechend antworten. Diese sollten jedoch weitgehend wertfrei und auch nicht moralisierend sein, sondern so, dass sich die Kinder/Jugendlichen ihre eigene Meinung bilden können.

Darf ich bei einer Disco eine Kuschelecke, oder einen abgedunkelten Raum zulassen?

Nein. Das Verschaffen von Gelegenheit für sexuelle Handlungen (z.B. Petting) durch das zur Verfügung stellen von unbeaufsichtigten Räumen ist nach § 180 StGB strafbar. Und ob es dem Jugendleiter gelingt, diese Räume permanent zu überwachen und sofort einzuschreiten ist doch mehr als unrealistisch. Auf einer Freizeit muss auch durchgesetzt werden, dass die jeweiligen Schlafzelte/Räume nur dem jeweils zugewiesenen Geschlecht (sozusagen als "Schutzräume") vorbehalten bleiben.
In den Gemeinschaftsräumen darf es keine unbeaufsichtigten Kuschelecken geben, oder gar "Kuschelzelte" eingerichtet werden, auch wenn die Mädchen und Jungen hoch und heilig versprechen ganz artig zu sein. Siehe auch nächste Frage.

Darf ich einer Unterbringung von Mädchen und Jungen in einem Schlafraum zustimmen?

Nein. Gemeinsame, gemischtgeschlechtliche Übernachtungsräume (Zelt, Schlafraum) duldet der Gesetzgeber bei Minderjährigen nicht, da hier die Möglichkeit (Vorschub) geschaffen wird, ggf. sexuelle Handlungen durchzuführen (§ 180 StGB). Der Gesetzgeber mutet den Jugendleitern auch Kontrollgänge des Nachts zu um zu verhindern, dass sich Jungen zu den Mädchen "rüberschleichen" oder umgekehrt. Das kann ganz schön stressig sein. Und unbeliebt kann man sich dabei auch noch machen. Selbst wenn auch schon das Alter der Jugendlichen über 16 Jahre liegen sollte, gab es Fälle, wo der Jugendleiter zu Unterhaltszahlungen verpflichtet wurde, weil den jeweils beteiligten über 16jährigen Jugendlichen die nötige Einsicht/Weitsicht und Freiwilligkeit fehlten.
Lässt es sich jedoch nicht vermeiden, dass z.B. in einer Berghütte oder einem Unterstand irgendwo gemeinsam übernachtet werden muss, dann muss mindestens ein Betreuer mit in diesem Raum übernachten.

Einen guten Artikel zu diesem Thema hat Maik zur Verfügung gestellt
Gemischt schlafen? Jungen und Mädchen auf Freizeiten

Muss eine gemischte Gruppe immer von einem weiblichen und einem männlichen Mitarbeiter betreut werden?

Eigentlich ja. Es gibt Situationen in einer Gruppe, wo es einfach notwendig sein wird, dass für ein Mädchen eine weibliche Betreuerin, für die Jungen ein männlicher Betreuer da ist. Eine solche Situation könnte eine aufgetretene Verletzung sein, oder aber auch das Spenden von Trost in irgendwelchen Situationen. Sehr schnell kann es hierbei zu Situationen kommen, die im Nachhinein fehlinterpretiert werden. Auch allein schon dahingehend, dass es Themen gibt, die Mädchen nur mit weiblichen Mitarbeiterinnen, bzw. die Jungs nur mit männlichen Betreuern besser bereden können, ist das Vorhandensein von einem männlichen wie auch einem weiblichen Betreuer einfach wichtig.

Bei gemischten Freizeiten, wo Jungen und Mädchen teilnehmen, müssen auf jeden Fall weibliche wie auch männliche Mitarbeiter in der notwendigen Anzahl dabei sein.


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